Nach 2015 besuchte der Chefredakteur der Branchenzeitschrift 'pet', Rolf Majer-Abele, Zoo Fridolin 2019 ein zweites Mal. Sein Artikel erschien im Januar 2020.
Unterhalb der beiden Zeitungsseiten findet sich der Artikel als Textdatei.
Text
„Liebenswertes Relikt aus einer anderen Zeit“
Seit 34 Jahren gibt es ihn schon am Mierendorffplatz in Berlin-Charlottenburg: den Einmannbetrieb Zoo Fridolin von Stephan Wulfhorst
Ein bisschen wirkt sein gerademal 30 m2 großes Geschäft wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Als der gebürtige Münsteraner 1985 das an gleicher Stelle bestehende Zoofachgeschäft übernommen hat, gab es in dieser Gegend noch die klassischen Kiezläden: Metzgereien, Feinkostgeschäfte, Boutiquen, Schuster, Schneider etc. Inzwischen beherrscht ein Mix aus asiatischen Imbissen, Döner-Läden, An- und Verkaufsgeschäften und Bäckereifilialen. Den Wandel nimmt er ohne Murren hin. „Meine Nachbarn sind prima Leute. Wir helfen uns gegenseitig“, sagt er. Auch sonst entspricht Stephan Wulfhorst überhaupt nicht dem gängigen Klischee vom jammernden Einzelkämpfer, der an Kettengeschäften und Onlineshops keinen guten Faden lässt und bei jeder Gelegenheit die guten alten Zeiten hochleben lässt. „Ich bin undenkbar dankbar für das Internet“, sagt er stattdessen, weil er dort viele Artikel günstig und schnell bestellen und somit seinen Kunden trotz kleiner Ladenfläche ein großes Sortiment anbieten kann. Stephan Wulfhorst passt sich eben den Umständen an. Und da der zoologische Großfachhandel in Berlin so gut wie nicht mehr existiert, musste er sich eine Alternative suchen, um seine Kunden auch weiterhin mit Ware versorgen zu können. Das Internet mit seinen niedrigen Verkaufspreisen kam ihm da gerade recht.
Zum Alltag gehörend
Zoo Fridolin nur als klassisches Nahversorgergeschäft zu bezeichnen, wird dem Zooladen nicht ganz gerecht. Für seine Stammkunden aus den umliegenden Straßen scheint ein Einkauf bei ihm zu einem festen Bestandteil ihres Alltagslebens geworden zu sein. Fast schon wie der Besuch eines guten Freundes, mit dem man einen Plausch hält und der einem zuhört, wenn man mal seinen Alltagsfrust loswerden muss. Insofern ist Stephan Wulfhorst auch eine Art Therapeut und Helfer in allen Nöten. Der Wochenzeitung „Zeit“ zufolge, die vor einigen Jahren mal eine ganze Seite über Zoo Fridolin geschrieben hat, soll er sogar schon Kunden den Wasserhahn repariert haben, weil dieser klemmte.
Stephan Wulfhorst ist alles andere als ein aufdringlicher Verkäufer, der seinen Kunden Ware aufdrängen will, die diese gar nicht brauchen. Wenn ein Kunde den Laden betritt, steht er ruhig an seinem Tresen, wartet erst einmal ab, bis der Kunde sein Anliegen vorgebracht hat und handelt dann ruhig und besonnen. Dabei ist er aufmerksam, zuvorkommend und freundlich. Seine Kunden lieben ihn dafür. Einer von ihnen schreibt in einer Google-Bewertung: „Uriger Besitzer, unglaublich freundlich und hilfsbereit. Dieser Herr betreibt sein Gewerbe aus Leidenschaft.“
Viel Spaß an der Arbeit
In der Tat bereitet Stephan Wulfhorst der Beruf als Zoofachhändler auch nach all den Jahren immer noch viel Freude: „Ich finde es schön, dass ich in meinem Geschäft mein eigener Herr bin und mir niemand sagt, was ich zu tun habe. Der Umgang mit Menschen macht mir viel Spaß.“ Dabei hätte sich der heute 62-Jährige in den Siebziger Jahren, als er nach Berlin getrampt ist, um dem Militärdienst zu entfliehen, im Traum nicht vorstellen können, mal Geschäftsinhaber zu werden. Er machte eine Ausbildung zum Buchhändler, begann erst ein Jura- und dann ein Mathematikstudium, seine Abende verbrachte er meist in der Kneipe. Großen Ehrgeiz habe er nie gespürt, sagt er. Statt zu lernen, jobbte er lieber bei Kartoffel-Krohn, einem der vielen im Berlin der Achtziger Jahre noch existierenden Kartoffelhändler. Nebenan befand sich ein kleiner Zooladen, der heutige Zoo Fridolin. Dem damaligen Besitzer habe er damals, mehr im Scherz, vorgeschlagen, seinen Laden zu übernehmen, wenn er mal nicht mehr wolle. Genauso ist es dann auch gekommen.
Zwar erhält Stephan Wulfhorst auch etwas tatkräftige Unterstützung von Auszubildenden, Aushilfen, Praktikanten und einem guten Freund, der sonntags mal nach den Ziervögeln im Geschäft schaut. Dennoch hat er schon seit vier Jahren keinen Urlaub mehr gemacht. In seiner knapp bemessenen Freizeit tüftelt Stephan Wulfhorst gerne. In seinem Geschäft ist ein Großteil der Einrichtung Marke Eigenbau, zum Beispiel der selbst konstruierte Türöffner, der ihm erlaubt, von seiner Theke aus den Kunden die Tür beliebig lange offen zu halten. Auch die Website seines Geschäfts, die ihm ein Freund erstellt hat, pflegt er selbst mit Inhalt. Eine Scannerkasse, wie sie in den großen Zoofachmärkten mittlerweile zum Standard gehört, hat er nicht. Um ein paar Preise für die bei ihm gekauften Waren zu addieren, tun es auch Papier und Kugelschreiber. Ein Markenzeichen des Tante-Emma-Zooladens ist auch eine alte Waage, mit der er das selbst gemischte Futter für seine Kunden abwiegt. Losefutter, Kausnacks für Hunde und Spielsachen gehören zu den beliebtesten Waren in seinem Geschäft. Auch Futter für Wildvögel wird bei Zoo Fridolin oft nachgefragt.
Gefragt bei TV-Anstalten
Manchmal sind in Stephan Wulfhorsts Geschäft auch Drehteams von Fernsehanstalten in Aktion. Sie wollen für eine Filmproduktion eine Szene aus einem alteingesessenen Zoofachgeschäft drehen und mit der Zeit hat sich herumgesprochen, dass man mit einem solchen Anliegen bei ihm an der richtigen Adresse ist. So kam es, dass Mitte Oktober Zoo Fridolin sogar die Ehre hatte, kurz in der ARD zu erscheinen; im Spielfilm „Meine Nachbarn mit dem dicken Hund“. Da die Dreharbeiten mit großem Aufwand verbunden waren, haben auch viele Kunden davon mitbekommen. Eine Werbung, die sicherlich keinen Umsatzboom auslösen wird, die aber zeigt, dass Zoo Fridolin auch im 35. Jahr seines Bestehens immer noch quicklebendig ist.
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